Gemälde der Linth -Ebene 1749 vorne rechts ist die Wasserburg-Ruine von Mülenen ersichtlich, Entstehung um 1100 Künstler Johann Jakob Biedermann, Königliche Nationalgalerie Berlin |
Bei der Wasserburg Mülenen beim heutigen Tuggen wurden im 11. und 12. Jahrhundert mittels künstlich angelegter Kanäle verschiedene Getreidemühlen betrieben. Die gesamte Linth-Ebene war zu jener Zeit äusserst sumpfig und nass. Anfangs des 12. Jahrhundert wurde die Gegend durch garstige Wetterverhältnisse jahrelang mit weiträumigen Überschwemmungen unter Wasser gesetzt. Die Familie sah sich durch diese unwirtlichen Ereignisse in ihrer Existenz bedroht. Die Wasserburg und die Mühlen wurden von den Rittersleuten aufgegeben, die Einrichtungen kamen in andere Hände, aber die Anlage zerfiel trotzdem während der nachfolgenden Jahrhunderte. Der Hauptzweig der Familie von Mülenen verliess in der Folge um 1120 die Linth-Ebene und zog in den heutigen Kanton Aargau. Sie erwarb dort die Mühle in Mülligen bei Brugg und baute sie weiter aus. Einer der verantwortlichen Familienmitglieder war Adalbertus I. Laicus de Mulinis, er war der Edle von Mülinen aus der March, der in den frühesten Schriften der Geschichte von Aarau und Brugg erwähnt wird. In ihm glaubt man den ersten bekannten und urkundlich belegten Stammvater des Hauses von Mülinen zu sehen. Vermutlich der Grossvater von Konrad von Mülinen.
Anmerkung: Die grossen Linth Korrekturen wurden im 18. Jahrhundert an die Hand genommen und die Ebene trockengelegt. Ende der 1960-iger Jahre folgte der Bau der Autobahn – die Ruine der Wasserburg von Mülenen lag genau dort, wo die Autobahn durchführen sollte. Zwischen 1968 und 1969 erfolgte deshalb eine Notgrabung durch Archäologen. Anschliessend verschwand die Burgruine endgültig unter dem Beton der Autobahn. Schriftliche Überlieferungen aus der Geschichte der Linth-Ebene im heutigen Kanton Schwyz, ETH periodica, Burgenwelt Schweiz und schwyzerisches Staatsarchiv vorhanden.
Umsiedlung anfangs des 12. Jahrhundert von der Linth - Ebene nach Mülligen im heutigen Kanton Aargau
Mühle an der Reuss im Dorf Mülligen bei Brugg AG |
Die Burg Mülinen oder der Herrenhof mit Wohnturm
Gemäss Xaver Bronner (1758-1850), Kantonsbibliothekar und späteren Staatsarchivar in Aarau erhob sich Mitte des 12. Jahrhundert beim heutigen Dorfe Mülligen, auf einer besonderen Felsenhöhe am linken Ufer der Reuss die Burg Mülinen, welche den Herren von Mülinen gehörte. Diese Rittersleute kamen 1120 aus der March in der Linth-Ebene. Noch anfangs des 18. Jahrhundert waren einige Reste der alten Burg sichtbar. Vorgängig wurde von den Bauern und Landleuten das Burgmaterial zur Einfriedung ihrer Weingärten, zum Bau ihrer Häuser und dem Strassenbau verwendet. Leider ist auch der Felsen, der die Burg einst getragen haben soll, durch den späteren Steinbruchbetrieb restlos abgetragen worden.
Zuerst wurde unter der Familienführung von Adelbartus I. Laicus de Mulinis 1120 die Mühle an der Reuss erworben und wenig später der sehr naheliegende, römische Wachtturm am Eitelberg. Der Herrenhof mit Wohnturm Mülinen wurde auf dem Fundament dieses Wachtturms errichtet. Die Reben und Auen entlang des Abhanges von der Burg bis zur Reuss inklusive der Mühle an der Reuss gehörten nun zum ritterlichen Grund- und Güterbesitz der von Mülinens. Die Nachkommen Albrecht und Egbrecht von Mülinen sollen 1308 in eine Blutrache verwickelt gewesen sein und diese Güter verloren haben. Noch im selben Jahr ging die Grund- und Gerichtsherrschaft des Besitzes an das im selben Jahr gegründete Kloster Königsfelden über. Der heutige Dorfname Mülligen leitet sich eindeutig vom über die Jahrhunderte gehenden, urkundlich gesicherten Siedlungsnamen Mülinen ab.
Bild Mülligen an der Reuss
nach einem Aquarell unbekannter Hand aus dem
Jahre 1778, im Besitz der Familie und der Nachkommen von Dipl. Ing. Wolfgang von Mülinen, Bern
alter Text zum Bild: Über den wenigen Häusern des Dorfes thronte rechts die Burgruine Mülinen auf einem Felsenkopf, der durch den Burggraben vom Eitelberg getrennt ist. Links davon ist im Hintergrund die Burg Brunegg. Unten an der Reuss ist die Getreidemühle.
Quellenangaben in Bezug auf die Burg, das Dorf Mülligen sowie das obige Bild:
Professor Xaver Bronner 1758-1850), Staatsarchivar des Kantons Aargau, "Der Canton Aargau" 1844, in Band I, Seite 59
Dr. Bosch Reinhold (1887-1973), Kantonsarchäologe Kanton Aargau, ETH periodica, Brugger Neujahrsblätter Band 62 von 1952
Alfred Lüthi (1918-2006), ETH periodica, Brugger Neujahrsblätter Band 83 von 1973
Getreidemühlen in Form von Wassermühlen
Getreide ist seit Jahrtausenden Hauptnahrungsmittel der Menschheit. Vom Korn zur Mühle und vom Mehl zum Brot. Die Mühle, *Müle oder Müli», war die älteste naturkraftbetriebene Maschine der Menschen. Die Mühlebetriebe sind auch eines der ältesten Gewerbe. Als sich Adel und Kirche aber zunehmend in den Besitz des Grund und Bodens brachten, galt: „wessen der Grund ist, dessen ist die Mühle“. So wurden immer mehr Mühlen von weltlichen und geistlichen Grundherren betrieben. Die aufwändige Errichtung und die Instandhaltung einer Wassermühle wäre von einem einzelnen Bauern auch nicht zu leisten gewesen. Wasserrechte und Wasserbau, Gebäude, teure Maschinen, Mühlsteine und Erfahrung waren dazu nötig. In der Folge wurde Getreidemühlen zum "Herrenrecht". Die umliegenden Bauern waren gezwungen, ihr Korn in der Mühle der Herrschaft verarbeiten zu lassen. Nur der Mühlebesitzer hatte das Recht, Korn zu mahlen. Hielten sich Bauern nicht an diese Regel und mahlten ihr Korn selbst, mussten sie mit drakonischen Strafen rechnen.
Die Schuld- und Gläubigerverhältnisse wurden durch das Kerbholz überwacht. Ein geeignetes längliches Holzscheit wurde mit Symbolen markiert. Anschließend wurde das Holz längs gespalten oder geteilt, so dass Schuldner und Gläubiger die an der Trennstelle zusammenpassenden Einritzungen und Symbole auf ihrer Holzhälfte dokumentiert fanden. Wieder zusammengefügt zeigte sich, ob die beiden Hälften zusammengehörten oder ob eine Hälfte nachträglich manipuliert worden war. Die Redensart „etwas auf dem Kerbholz haben“, hat sich seither erhalten. Obwohl die Bezahlung genau festgelegt war, mussten die Bauern darauf vertrauen, die richtige Menge Mehl zurückzubekommen, denn diese brachten ihr getrocknetes Korn meist nicht abgewogen in Säcken.
Der Meistermüller wurde von der Ritterfamilie festgelegt. Die Müllerburschen verbrachten die Lehrzeit als Mitglied der Meisterfamilie in deren Haus und saßen an ihrem Tisch. Nach Abschluss seiner Ausbildung musste jeder Geselle eine bestimmte Anzahl von Wanderjahren ausüben, um den begehrten Titel Meister zu erlangen.
Die Bauern wussten, dass man diese
Mühlbetriebe brauchte. Dass sich Mühlen aber oft abseits der Siedlungen
befanden und mitunter Tag und Nacht und auch an Sonntagen geräuschvoll
arbeiteten, war den braven Bauern unheimlich. Sagen von Teufels- und Hexenmühlen
zeugen noch heute davon. Da man ohnehin nicht viel von Technik verstand, konnte
es bei diesen geheimnisvollen Mechanismen nur mit dem Teufel zugehen.
Interpretationen der umfangreichen Recherchen und Fassung in eine geschichtliche Abfolge der Ereignisse im 12. Jahrhundert durch den Autor.